KohlPott

09.02.2014 14:41

 

 

Obwohl heute Sonntag ist - gibts mal Eintopf. Und damit auch einen Topf voller kleiner Ruhrgebietsgeschichten: Anfang der Woche ging ich mal wieder für meinen richtigen Beruf meiner Lieblingsbeschäftigung nach: Durch Schrömmel-Caritas-Läden stöbern und gucken ob ich nicht des Hotzenplotzs Großmutters Kaffeemühle (also eigentlich ist die Großmutter ja von Seppel und Kasperle) entdeckte. Tat ich leider nicht. Dafür einen ziemlich betagten Emaille-Durchschlag, Spitzenborde und selbstgehäkelte Topflappen und ich war auch über diese  Beute glücklich. Denn jedes Mal wenn ich dort für fast gar kein Geld irgendwas vor der Sperrmüll-Tristesse befreie, freu ich mich - irgendwie. Denn obwohl ich fast gar keine Möbel aus meiner Vergangenheit besitze und vor einem halben Jahr mein Leben mal neu angemalt hab, hab ich ein Herz für olle Dinge mit Geschichte. Neeee, nicht irgendwas - nein, ich seh quasi meine Oma vor mir, wie sie Spitzendeckchen häkelte und Opa - Verzeihung Oppa paffte sich dazu eine Selbstgedrehte und schaute zu. Mittags klappten sie ihre Allround-Künstler-Sessel in die perfekte Schlafpositon, stopften sie mit zig Kissen aus, die Kleinsten von ihnen hießen übrigens liebevoll "Fritzchen" und dann ratzten sie gemeinsam ne Runde. Süß. Absolut. Genauso wie die Betriebsanleitungen, die mir meine Oma für meinen Opa schrieb, wenn sie im Krankenhaus war: "Bitte die Mon Cherie verstecken, der Alte is so schrecklich verschnuckert und er darf nicht so viel Süßes, das bekommt ihm nicht!" Süßes bekommt mir im Moment grad auch nicht - denn jedes Kochen oder Backen, was länger als 10 Minuten dauert, überfordert mich. Denn ich hab Knie. Und als ich also überlegte wie ich trotz ausgeprägter Humpelritis noch irgendwas für den Blog "zaubern" könnte - schaute auf meine Küchenwand und entdeckte da netterweise von Fritz Eckenga meine heutige Rezeptidee.

Fritz Eckenga, ist mein absoluter Lieblings-Dortmunder - und neben den Romberg-Park-Eichhörnchen, dem nächtlichen Blick aufs U und dem vom Florianturm, der Pasta und dem Risotto von DeLuca am Rheinlanddamm und dem Rosengarten im Westfalenpark ein richtig tolles Stück Dortmund. Und ich finde, wenn das eine gebürtige Gelsenkirchenerin (Mama, das mit dem Horst, das verzeih ich Dir nie!) sagt, die dort 5 Jahre im Exil war, dann darf man  ihr das eigentlich glauben. Aber jetzt zum Wirsing. Oder zum Eckenga. Denn im Gegensatz zu den Romberg-Park Eichhörnchen gibt er sogar Gastspiele in Gelsenkirchen und das obwohl sein Nummernschild am Auto eindeutige Gesinnungstreue verrät.

Als ich so über ein Wirsings-Eintopf-Rezept grübelte fiel mir ein, dass meine Oma nie in ihrem Leben das Meer gesehen hat - und erstaunlicherweise es auch gar nicht vermisste - für mich völlig unverständlich. Und so kam es dann wohl auch, dass mein Kohl-Pott ganz schön viel Italo-Feeling hat - was aber genauso zum Ruhrgebiet gehört wie die Wolle zum Petry.


 

Kohl-Pott

1,2 kg Wirsing-Herz (sprich alle grünen, herb-groben Blätter um den Kopf entfernen)

400 Gramm gemischtes Hack 

2 Esslöffel gutes Olivenöl

3 Esslöffel Tomatenmark

500 ml passierte Tomaten

400 ml Rinderfond

400 ml Roséwein

4 feingeschnittene Schalotten

7 gewürfelte Kartöffelchen

2 Zweige Oregano  (fein gehackt)

2 Zweige Rosmarin (fein gehackt)

Salz

Muskatnussabrieb

Pfeffer

Den Wirsing halbieren, vierteln und dann in kleine, aber noch grobe Scheibchen raspeln. Diese quasi löffelgerecht noch mal kreuz-und querschneiden. Hackfleisch mit Tomatenmark und Schalotten gut anrösten, dann Oregano und Rosmarin dazu - und mit Wein und Fond ablöschen. Dazu den grobgeraspelten Wirsing und die gewürfelten Kartöffelchen geben und dann mit den passierten Tomaten auffüllen. Dann nach Geschmack würzen - nur noch wenig salzen. Und dann für gut ein Stündchen leicht simmern lassen.

Und dann schmecken lassen. Und an Opa denken. Und Oma. Die ging im Gegensatz zu ihrer Enkelin übrigens äußerst gerne zum Doktor - Tja, Omma - die Pünktchenkleider-Leidenschaft hab ich vielleicht von Dir geerbt und meine Büdchenfrau würd mir sofort auch Dein Faible für Lakritzschnecken attestieren - aber das mit dem Doktor, das werd ich nie verstehen. Und auch nicht, warum man nicht an einem Tag joggen, schwimmen und Yoga machen kann - und danach nur noch humpeln kann - sonst hätte ich es ja anders gemacht. Vielleicht ;-).

In diesem Sinn - viel Gesundheit und Appetit, Ihr Lieben!

PS: und spätestens seit Opa Theo und Oma Theodora weiß ich eins: Wahre Liebe ist, wenn man ein Kissen für die Fensterbank genäht bekommt, damit man die Nachbarinnen freundlich begrüßen kann. Da sag noch mal einer - im Ruhrgebiet wäre es niemals romantisch zugegangen!